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ADC-Portfolio

HDP-101/BCMA-ATAC Projekt

HDP-101 ist ein BCMA-ATAC , das in der Indikation Multiples Myelom getestet wird. BCMA (B-cell maturation antigen) ist ein Oberflächenprotein, das beim Multiplen Myelom hoch exprimiert wird, an welches BCMA-Antikörper spezifisch binden und damit den Wirkstoff Amanitin zur Krebszelle bringen. Das Multiple Myelom ist eine Krebserkrankung des Knochenmarks und die zweithäufigste hämatologische Krebserkrankung mit einem hohen Bedarf an neuen, wirksameren Therapien. HDP-101 hat auch Potenzial für weitere hämatologische Indikationen.  

Der Kandidat wird in einer klinischen Phase I/IIa-Studie für die Behandlung des rezidivierten oder refraktären Multiplen Myeloms evaluiert. Der erste Teil der Studie ist eine Phase I-Dosiseskalationsstudie, um die sichere und optimale Dosierung von HDP-101 für den Phase IIa-Teil der Studie zu finden.  

Die Studie, die derzeit in der sechsten Kohorte fortgeführt wird, hat ermutigende Ergebnisse gezeigt, darunter eine vollständige Beseitigung von Tumorzellen („complete remission“) bei einem Patienten aus der fünften Kohorte, der mehrfach vorbehandelt war und zuvor mehrere Dosen mit HDP-101 erhalten hatte. Darüber hinaus zeigten mehrere Patienten eine vielversprechende biologische Aktivität und objektive Verbesserungen, was das Potenzial von HDP-101 als Behandlungsoption für Patienten mit dieser Krankheit unterstreicht.

Im Phase IIa-Dosisexpansionsteil sollen mindestens 30 Patienten mit der empfohlenen Dosis von HDP-101 behandelt werden. Das Hauptziel des Phase  IIa-Teils der Studie ist die Bewertung der vorläufigen Anti-Tumor-Aktivität von HDP-101 sowie die weitere Evaluierung der Sicherheit des Medikaments.

Im Frühjahr 2024 hat die amerikanische Zulassungsbehörde (Food and Drug Administration, FDA) dem ATAC-Kandidaten HDP-101 den Orphan Drug-Status (Orphan Drug Designation, ODD) erteilt. Der Orphan Drug-Status wird für ein Medikament oder ein biologisches Produkt vergeben, das für die Prävention, Diagnose oder Behandlung von seltenen Krankheiten bestimmt ist, von denen weniger als 200.000 Menschen in den USA betroffen sind. Der Status bietet erhebliche Anreize, um die Entwicklung des Medikaments zu fördern.

HDP-102/CD37-ATAC Projekt

HDP-102 ist ein ATAC, das gegen das Zielmolekül CD37 gerichtet ist. CD37 wird auf B-Zell-Lymphomzellen überexprimiert. HDP-102 soll für bestimmte Indikationen des Non-Hodgkin-Lymphoms (NHL) entwickelt werden.

Dieser Entwicklungskandidat zeichnet sich in präklinischen Studien besonders durch ein sehr großes therapeutisches Fenster hat. Das bedeutet, dass der Abstand zwischen seiner therapeutischen Dosis und einer Dosis, die zu einer inakzeptablen toxischen Wirkung führt, möglichst groß ist.

Die Herstellung der klinischen Prüfmedikation nach GMP-Standard (Good Manufacturing Practice) ist weitgehend abgeschlossen. Neben der Produktion des Konjugats wurden toxikologische Studien abgeschlossen und das Datenpaket, das für die Einleitung der ersten klinischen Prüfung am Menschen erforderlich ist, wird voraussichtlich Ende 2024 fertiggestellt und bei den Zulassungsbehörden eingereicht werden.

HDP-103/PSMA-ATAC Projekt

HDP-103 soll zur Behandlung des metastasierten, kastrationsresistenten Prostatakarzinoms (mCRPC) (Prostatakrebs) entwickelt werden. Der verwendete Antikörper bindet an PSMA, ein Oberflächenantigen, das auf Prostatakrebszellen überexprimiert wird. Es ist ein aussichtsreiches Ziel für die ATAC-Technologie, da es in normalem Gewebe nur eine sehr begrenzte Expression aufweist.

Präklinische Studien zur In-vitro- und In-vivo-Wirksamkeit, Verträglichkeit und Pharmakokinetik zeigen, dass HDP-103 ein vielversprechendes therapeutisches Fenster aufweist. Bestätigend kommt hinzu, dass die Prävalenz einer 17p-Deletion im mCRPC mit 60 Prozent sehr hoch ist. Die erhöhte Amanitin-Sensitivität von Prostatakrebszellen mit einer 17p-Deletion wurde bereits präklinisch validiert. Da Tumorzellen mit einer 17p-Deletion besonders empfindlich gegen Amanitin sind, könnten PSMA-ATACs besonders gut für die Behandlung des mCRPC geeignet sein.

Die Wirkstoffherstellung von HDP-103 unter GMP-Bedingungen ist beendet. Die präklinischen und toxikologischen Studien mit HDP-103 wurden weitestgehend abgeschlossen. Heidelberg Pharma plant im Jahr 2025 einen Studienantrag für HDP-103 bei den Zulassungsbehörden einzureichen.

HDP-201/GCC-ADC Projekt

Seit Herbst 2023 entwickelt Heidelberg Pharma weitere ADC-Projekte mit anderen Beladungswirkstoffen. Der erste Kandidat ist HDP-201, ein auf Exatecan-basierendes ADC. Exatecan ist ein Topoisomerase I-Inhibitor, der sich in der Krebstherapie bewährt hat und in zwei bereits zugelassenen ADCs eingesetzt wird. Es unterscheidet sich in seiner Wirkungsweise von der des Amanitins und erweitert damit die Wirkstoffpalette des Unternehmens.   

HDP-201 richtet sich gegen Guanylylcyclase-C oder GCC, einen Rezeptor, der auf der Oberfläche von Darmzellen und Krebszellen in verschiedenen gastrointestinalen Tumoren exprimiert wird. Das Zielprotein, an das der verwendete Antikörper bindet, wird bei über 95 Prozent der Darmkrebserkrankungen und etwa 65 Prozent der Speiseröhren- und Magentumore sowie bei Tumoren der Bauchspeicheldrüse überexprimiert.

In-vitro- und In-vivo-Tests sowie erste präklinische Versuche wurden abgeschlossen. Präklinische Ergebnisse zeigen, dass die Verträglichkeit und Wirksamkeit von HDP-201 mindestens vergleichbar ist mit bereits am Markt zugelassenen Exatecan-ADCs.

Basierend auf umfassenden präklinischen Versuchen zur Wirksamkeit und Verträglichkeit wurde im Herbst 2024 der finale Entwicklungskandidat von HDP-201 festgelegt und die Indikation bestimmt. HDP-201 soll für die Behandlung von Darmkrebs entwickelt werden.

Prognostischer Biomarker p 53 / 17p-Deletion

Das Tumorsuppressorgen p53 und das Gen für die RNA-Polymerase II befinden sich auf dem Chromosom 17. Das Protein, das vom p53-Gen kodiert wird, hat die Aufgabe, die Tumorbildung in gesunden Zellen zu verhindern. Krebszellen haben Veränderungen in ihrem Erbgut, sodass diese Schutzfunktion nicht mehr voll ausgeübt werden kann. Dieses Protein stellt somit eine der wichtigsten Kontrollinstanzen für das Zellwachstum und somit auch einen Schwerpunkt der onkologischen Forschung dar. Bei Tumoren kommt es häufig zum Verlust oder zur Mutation des p53-Gens, um die natürliche Abwehr der Zellen zu schwächen. Die Deletion des p53-Gens geht fast immer mit der Deletion des POLR2A-Gens einher, da diese Gene in unmittelbarer Nähe auf dem kurzen Arm des Chromosoms 17 liegen. Dies wird als 17p-Deletion bezeichnet. Das POLR2A-Gen kodiert für die größte und wesentliche Untereinheit der RNA-Polymerase II, und der Verlust von POLR2A führt zu einer verringerten Anzahl dieses wichtigen Proteins. Da die Wirkweise von Amanitin darin besteht, die RNA-Polymerase II zu hemmen und schließlich einen programmierten Zelltod auszulösen, ist die so veränderte Tumorzelle besonders empfindlich gegen Amanitin.  Diese genetische Veränderung ist in den vielen Krebsarten zu finden und ist in der Regel mit aggressiveren und behandlungsresistenten Formen von bösartigen Tumoren verbunden.

Gemeinsam mit verschiedenen Forschungsgruppen in Deutschland und in den USA, u. a. mit der Universitätsklinik Heidelberg, dem MD Anderson Cancer Center der Universität Texas und der School of Medicine der Universität Indiana, konnte in präklinischen Studien belegt werden, dass Amanitin das Potenzial hat, besonders gut auf schwer zu behandelnde Tumoren mit einer 17p-Deletion zu wirken.

Heidelberg Pharma beabsichtigt, die Bedeutung des 17p-Status klinisch zu untersuchen, d.h. in der laufenden und weiteren geplanten klinischen Studien die Patientenpopulation gemäß ihres 17p-Status zu stratifizieren. Das Vorliegen einer 17p-Deletion könnte als potenzieller Biomarker für Amanitin-basierte Therapeutika dienen. Heidelberg Pharma nimmt an, dass Patienten mit einer 17p-Deletion besonders von einer Behandlung mit Amanitin-basierten Therapien profitieren könnten.

ATACs stellen somit eine vielversprechende therapeutische Strategie für Patienten dar, die an hochresistenten Tumorerkrankungen leiden. In der klinischen Anwendung könnte die Patientenselektion auf Basis des TP53 und POLR2A Genstatus das therapeutische Fenster erweitern und so eine hohe Wirksamkeit bei gleichzeitiger Verringerung der Nebenwirkungen ermöglichen.